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Autorin

"Ich beneide die Kölner um ihren Humor"

Artikel, Siegener Zeitung, 4. Feb. 2010

Sie ist Journalistin, Buchautorin, Moderatorin und begrüßt seit 1996 gemeinsam mit Götz Alsmann in der WDR- Kultsendung »Zimmer frei!« (immer sonntags) die Promi-Bewerber für die Aufnahme in die WG: Christine Westermann. In Erfurt geboren, in Mannheim aufgewachsen, lebt sie jetzt in Köln. Und sie liebt ihr »Veedel«, wie die Kölner ihre Viertel, ihre Stadtteile, nennen, und sie liebt den »Veedels«-Karneval.

Abbildung Ausschnitt Buchcover Karneval

Für Nicht-Kölner: den Kneipenkarneval abseits der pompösen Festsitzungen und des Umzugs. Über ihre Stammkneipe gleich um die Ecke, in der sie im Sommer im Garten beim Kölsch sitzt, schrieb sie eine Hommage, die widerspiegelt, was sich zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch dort abspielt.

«Die Kneipe» ist eine der Geschichten in dem Buch «Karneval», das sie jetzt gemeinsam mit dem Kölner Fotografen Stefan Worring herausbrachte und das nur ein Thema hat: die jecke Zeit in Köln. Also nur ein Buch für Kölner zur fünften Jahreszeit? «Keineswegs», so Christine Westermann. Markus Ritterbach, der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, hat es so formuliert: «Jetzt kann man endlich einem Fremden, egal ob aus Rio oder Garmisch, erklären, wie in Köln der Karneval und die verrückten Tage bis zum Aschermittwoch gefeiert werden.»

Die Bilder von Stefan Worring, egal ob auf der Straße, in Kneipen, Ballsälen oder sogar im Dom, strahlen Lebensfreude pur aus. Die Geschichten von Christine Westermann sind mal heiter, mal mit einer gewissen Distanz und dann mit einer ungemeinen Herzenswärme geschrieben. Wie die von Hans Süper, dem Mann mit der Flitsch, der den Kölner Karneval prägte, bis er vor 20 Jahren das Colonia-Duett sprengte. Weil selbst im Leben von Hans Süper nicht mehr genug Harmonie war. Es gab Zwist, böse Worte, und am Ende haben sie nicht mehr miteinander gesprochen, der Hans und das Ei, der Zimmermään. «Es war ein wundervoller Nachmittag mit Hans Süper, der in der Nachbarschaft wohnt», erinnert sich Christine Westermann an die Recherche zur Geschichte «Der Alte» im vergangenen Sommer. «Er strahlt eine innere Wärme aus.» Und wo konnte man schwelgen in Erinnerungen? «In meiner Kneipe um die Ecke.»

Wenn man mit Christine Westermann spricht, spürt man immer wieder die Zuneigung zu ihrer Wahlheimat. Und doch ist sie sich klar: «Man bleibt immer ein Im(m)i», sprich Zugereister. Wie Claus Dieter Flade, geboren in einem kleinen Nest im Tal der Ahnungslosen zwischen Dresden und Chemnitz, der spätere Sachsenprinz im Rheinland. «Ich beneide die Kölner – um ihre Sprache, die ich nicht richtig sprechen kann, um ihren Frohsinn, mit welcher Leidenschaft sie Karneval feiern und mit welcher Inbrunst sie da ihre Lieder singen. Sie können alle Texte auswendig. Ich nicht», so Westermann.
Nach den Romanen «Baby, wann heiratest du mich?», «Ich glaube, er hat Schluss gemacht» und der gemeinsamen Autorenarbeit mit Jörg Thadeusz «Aufforderung zum Tanz – Eine Zweiergeschichte» möchte Christine Westermann dieses Jahr etwas kürzer treten. «Ich habe letztes Jahr sehr viel gearbeitet, und für ein neues Buch habe ich zwar schon eine Idee, aber die hat noch keine rechte Form angenommen.» Für den WDR zeichnet sie augenblicklich neue «Zimmer-frei!»-Folgen auf, und dann steht ja auch noch die wichtigste Jahreszeit an: Karneval. Egal ob man Im(m)i oder Ur-Kölner ist, Karneval ist und bleibt ein Phänomen.

Quellangabe: Siegener Zeitung, 04.02.2010, Jörg Langendorf

Kategorie:

© Christine Westermann

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